Das neue Jahr hat so unschuldig angefangen. In der Silvesternacht bin ich nach einem sehr entspannten Silvestermenü auf den Pfänder gefahren, um dort das Feuerwerk hoch über dem Bodensee auf den digitalen Film zu bannen.
Das Wetter hatte eine andere Idee. Oben angekommen standen zwar eine Vielzahl an feiernden Menschen an der Aussichtsplattform. Von Feuerwerk war nichts zu sehen.
Zur gleichen Zeit entwickelte sich im fernen China schon eine, bis dahin noch nicht benannte, Atemwegserkrankung zu einer Epidemie, welche kurze Zeit später von der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Pandemie hochgestuft worden ist.
Ende Februar, als schon die ersten Fälle in Deutschland festgestellt worden sind, bin ich zu einer Interrailreise nach Nordnorwegen aufgebrochen. 65 Stunden mit Zug und Bus vom Bodensee bis auf die Lofoten. Gleich zu Beginn der 16-tägigen Reise habe ich mich vermutlich auf der 7-stündigen Busfahrt von Narvik nach Reine mit einem Erkältungsvirus angesteckt. Das war echt der ungünstigste Zeitpunkt, eine Erkältung zu bekommen. In der Welt breitet sich ein Virus aus, welches die Atemwege befällt und ich war am Husten – super!
Nach zwei Nächten auf den Lofoten ging es mit Bus und Katamaranfähre im Sturm über die Schären nach Bodø. Nach einer erlebnisreichen Woche in der Stadt der Seeadler ging es mit dem Bus weiter in das tief verschneite Tromsø.
In der Nacht bevor ich zum letzten Reiseabschnitt aufgebrochen bin, wurde in Tromsø der erste Covid-19-Fall gemeldet. Muss das jetzt sein? Was heißt das für meinen Aufenthalt dort? All das waren Fragen, die mir da durch den Kopf geschossen sind. Bis auf die zu diesem Zeitpunkt schon üblichen Vorkehrungen (Desinfektionsmittel, etc.) gab es glücklicherweise keine weiteren Einschränkungen. So durfte ich dort auch eines meiner absoluten Highlights erleben: Tanzende Nordlichter.
Nach einer schlaflosen Nacht machte ich mich dann früh am Morgen auf die 62 Stunden dauernde Rückreise von Tromsø an den Bodensee.
Etwa zwei Wochen später war die Pandemie auch bei uns in vollem Gange. Plötzlich war meine Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkt. Es wurden wieder Grenzkontrollen an der Staatsgrenze zu Österreich (nur 11 km von mir zu Hause entfernt) eingeführt. Einfach mal so nach Vorarlberg rüber fahren, ging nicht mehr. Sogar die Radwege waren gesperrt. Das war total surreal, nachdem ich ja während meiner 16-tägigen Interrailreise 76 Stunden (6985 km) mit dem Zug, 24 Stunden (1280 km) mit dem Bus und 3,25 Stunden (150 km) mit dem Schiff unterwegs war.
Was war das für eine komische Zeit. Im Labor mussten wir innerhalb kurzer Zeit von „normaler“ Gleitzeit auf einen Früh- und Spätschicht-Betrieb umstellen. Die Frühschichten von 6:00 Uhr bis 13:45 Uhr waren sehr anstrengend für mich. Die Spätschichten von 14:15 Uhr bis 22:00 Uhr hingegen habe ich persönlich leichter verkraftet. Der Vorteil dabei war, dass ich vormittags noch einen Spaziergang an den Bodensee machen konnte. Das war in diesen Tagen vor und nach Ostern ein ganz besonderes Erlebnis. Die Natur hat zu dieser Zeit eine unglaubliche Ruhe ausgestrahlt.
Als die Temperaturen wärmer wurden und am Bodensee eigentlich alle Segler in den Startlöchern standen, waren die Einschränkungen auch hier immer noch deutlich zu sehen. Die Häfen waren in der Hochphase abgeriegelt und der Zugang wurde durch Sicherheitspersonal kontrolliert. Aufgrund der drei Anrainerstaaten (Schweiz, Österreich und Deutschland) kam es auch zu einer ganz skurrilen Regelung, in Bezug auf den Wassersport. Als erstes durften die Schweizer wieder Wassersport betreiben. Da war das in Österreich und Deutschland noch verboten. Dann haben die Behörden in Vorarlberg die Maßnahmen für Wassersportler gelockert. Ganz am Schluss dann auch in Deutschland. Nicht leicht, wenn man vom Fenster auf den See hinaus schaut und die Boote bei perfekten Bedingungen draußen sind.
Im Juli war die Pandemie zwar immer noch alltäglich in den Medien vertreten. Als Fotograf war dieser Monat jedoch sehr erlebnisreich. Galt es doch den Kometen C/2020 F3 (NEOWISE), der zu dieser Zeit am Himmel zu sehen war schön ins Bild zu bringen. Es war eine willkommene Abwechslung. Kurze Zeit später machte sich der himmlische Besucher wieder auf die Reise durch das Universum, um in ca. 8950 Jahren erneut bei uns vorbeizuschauen.
Der Juli war nicht nur galaktisch ein besonderer Monat. Während der Zeit im Lockdown hatte ich angefangen mich für die Arbeit des Technischen Hilfswerks (THW) zu interessieren. Da ich schon früher ehrenamtlich tätig war im Rahmen der Jugendarbeit bei den Pfadfinder (DPSG), fand ich das Arbeitsspektrum als Kontrast zum Alltag sehr spannend. So durfte ich im Juli in die Arbeit des THW Ortsverbandes Lindau hinein schnuppern. Nach kurzer Zeit war für mich klar, dass ich da weiter machen will.
Nach der Sommerpause hat dann im September die Grundausbildung begonnen. Seit dem 20. Oktober ist die Grundausbildung wieder ausgesetzt aufgrund der stark gestiegenen Fallzahlen im Landkreis Lindau. So ein sch….
Heute – am 14. November 2020 – ist Deutschland seit zwei Wochen im sogenannten Wellenbrecher-Lockdown. Die Infektionszahlen schnellen aber trotz der Einschränkungen immer noch weiter nach oben. Schauen wir mal, wie das weiter geht.
Oberstes Ziel ist ja im Moment soziale Kontakte auf ein Minimum einzuschränken, um die Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen und die Fallzahlen wieder zu senken. Da jetzt die Segelsaison zu Ende ist und auch die Ausbildung im THW bis auf weiteres ausgesetzt ist, war ich auf der Suche danach, wie ich gut durch den Winter komme.
So habe ich mich Mitte Oktober entschlossen, einen Plan umzusetzen, der schon eine Weile in mir geschlummert hat. Mit der Sicherheit meines Hauptberufs im Rücken habe ich mein eigenes kleines Unternehmen gegründet, um meine schönsten Fotos vertreiben zu können.
Es fühlt sich gut an. Es gibt aber als Gründer auch ganz schön viel Neues zu lernen. Wie programmiere ich eine Webseite? Bei welchen Behörden muss ich mich überall anmelden? Wie läuft das mit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung? Während der langen Herbst- und Wintermonate daheim bleibt ja jetzt genügend Zeit, sich da einzulesen.